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Fontaine de Vaucluse
Text: Charles Julien sr.
Reisezeit: Juni 2005

     

 

 

Der Brunnen und seine unerklärlichen Geheimnisse
 

Es ist noch nicht oft vorgekommen, dass ich unvorbereitet einen mir unbekannten Ort besuchte, wie diesen zwischen Felsen regelrecht eingeklemmten.

Das kam so: Wir wollten eine Woche in Avignon und Umgebung verbringen. Gleich ersten Tag führen wir zu diesem Ort, von dem wir nicht wussten, was uns dort bevorstand. Es war ein herrlicher Sonntag bei strahlendem Sonnenschein und einer Temperatur von 26 Grad. Was wollte man noch mehr?

Wir näherten uns dem Dorf namens Fontaine de Vaucluse und sahen, dass schon alle Parkplätze besetzt waren.
Auch im Dorf war parken unmöglich. Trees und ich genossen ein wenig die gemütliche Atmosphäre, waren dann aber gezwungen, die Brücke über die Sorgue zu überqueren.
Auf der anderen Seite des reissenden Flusses entfernten wir uns vom Dorf, aber auch dort gab es nur überfüllte Parkplätze.
Enttäuscht entschlossen wir uns deshalb, in die gemietete Wohnung zurückzukehren.

Aber warum erzähle ich das?

Ein Teil von Fontaine de Vaucluse

Haben Sie die Absicht, einen Tag in Fontaine zu verbringen, dann wählen Sie besser einen Tag unter der Woche.
Denn auch die Franzosen lieben dieses Ausflugziel.

Einige Tage später fanden wir nämlich problemlos in der Nähe des Zentrums einen Parkplatz, wo das Auto für drei Euro

beliebig lange stehen konnte.
Erst später sollten wir feststellen, dass es sehr lange gewesen war. Beim Aussteigen wurde uns vom Wärter ein Informationsblatt in die Hand gedrückt. Bis zum Dorfzentrum waren es etwa 100 Meter. Aber wir benötigten dazu viel Zeit, um alles in uns aufzunehmen.
Es ist schön hier und auch gemütlich.

Wir standen nun auf dem Platz "Collone" mitten in der Ortschaft. Hier beginnen nämlich die Wege zu den verschiedenen Abteilungen dieses irdischen Paradieses, was nicht übertrieben ist.

Ich vermutete, dass die viele Leute auf dem Platz die Einwohner waren, denn jeder schien jeden zu kennen.

Am anderen Ufer des Flusses steht ein grosses Hotel mit Namen "Le Chateau". Ein Koch warf aus dem Fenster Essensresten in den Fluss. Enten schwammen herbei, um sich einen Teil davon zu schnappen. Sie hatten mit der Strömung zu kämpfen. Einige liessen sich einfach abtreiben.

"Colonne" im herzen des Dorfs

Das ging schneller als ich diese Strecke mit dem Fahrrad hätte fahren können. An einigen Stellen strömte das Wasser weniger reissend. Dort konnten die Enten sich erholen.

Wir schlenderten über die Brücke. Vor dem Hotel konnte man eine Treppe hinunter gehen, um zu einem enorm grossen Wasserrad zu gelangen. Dieses arbeitet auch heute noch ausgezeichnet.

Ein liebes, altes Omachen stieg ebenfalls die Treppe hinunter mit einer Tasche in der Hand. Die Enten kannten sie offensichtlich, denn sie kamen herbei geflattert oder kämpften sich im Slalom durch die Strömung um das Brot zu ergattern, welches ihnen die alte Dame hinwarf.

Ruhe schien hier angesagt zu sein. Das einzige, das sich nicht daran hielt, war das vorbei rauschende Wasser.

Als wir wieder oben auf der Brücke standen und stromaufwärts blickten, bekamen wir eine Ahnung, wie es hier vor Jahrhunderten ausgesehen haben musste.

Hinter einem Restaurant mit einer gemütlichen Terrasse steht das Museum für den Dichter Petrarca, der weltberühmt

Das Museum des Dichters Petrarca am Ufer des Sorque

geworden war mit seinem Gedicht über die wahnsinnige Liebe zu Laura, der Frau von Hugo de Sade und Mutter von elf Kindern. Das Museums steht ungefähr an der Stelle, wo Petrarca einige Zeit gelebt hatte.
Der Dichter verstarb 1374 in seinem Heimatland Italien.


Dreht man sich um und blickt stromaufwärts, dann sieht man auf der linken Seite am Ufer viele Restaurants mit grossen und gut gepflegten Terrassen. Da es inzwischen höchste Zeit für eine Kaffeepause war, wollten wir dorthin gehen.
Aber zuerst spazierten wir zurück zum zentralen Platz und erreichten eine Strasse, wo es nicht nur Restaurants hat.
Es ist die Route zu den Brunnen. Fröhlich sieht es in dieser Strasse aus; rechts stehen nur Restaurants und links kleine Läden, wo man allerhand kaufen kann, und kleine Imbissstände.
Da noch nicht Hochsaison war, konnten wir uns an einen freien Tisch direkt am Ufer des Flusses setzen. Die Kellner waren sehr nett und der Kaffee schmeckte ausgezeichnet. Wir beobachteten wie die Enten am gleichen Ort zu verweilen versuchten, sich dann aber doch von der Strömung mit reissen liessen. Sie hatten es nicht einfach hier. Doch sie waren sich kein anderes Leben gewöhnt. Das nehme ich jedenfalls an.

Die Terrasse am Ufer des Sorque

Der Weg, wo wir sassen, ist der Chemin de la Fontaine.
Hier ist alles zu finden was ein Tourist sich wünschen kann. Auch eine öffentliche Toilette, wo kein grosses Geschäft mit dem "Geschäft" gemacht wird.

Etwas weiter entfernt, zwischen dem Weg und dem Flussufer steht das Ecomusée du Gouffre. Hier sind Sachen zu erfahren

über den geheimnisvollen Brunnen.
Direkt dahinter befindet sich die Galerie Vallis Clausa 
Es sieht aus, als wäre die Arkade
ebenso wie das Ecomuseum in den Felsen ausgehauen.
Aber das ist nicht so. Als erstes gelangten wir zu einer Glasbläserei, wo man herzlich willkommen ist.
Der Glasbläser war gerade eifrig damit beschäftigt, einen Elefanten zu formen. Er schien es zu geniessen, wenn er ihm bei der Arbeit zugeschaut wird.
Im grossen Raum standen seine Werke wie Delfine, Sportfiguren, Beleuchtungsornamente, Blumen und so weiter. Wir kauften ein Elefäntchen, das bruchsicher eingepackt wurde.
Es war ein hübscher Anfang zu diesem Streifzug.

Als nächstes folgte eine Arkade mit schönen Bildern.
Die Künstler selbst waren zwar nicht anwesend, aber ein nettes Fräulein, das gut in diese bunte Mischung passte.

Glasblaserei in der Galerie Vallis Clause

Insgesamt befanden sich hier drei Arkaden in einer Reihe. Es schien, als wurden auch diese Arkade in den Fels gehauen.
Die Fenster standen offen.
Als ich die Nase hinaus streckte, sah ich wieder aufs Ufer und empfand es angenehm, die frische Luft einzuatmen nach den

verschiedenen parfümierten Düften.

Dann erreichten wir das Hauptziel in dieser Arkade, die Papiermühle.
Wir gingen eine breite Treppe hinunter, um in eine Art Buchladen zu kommen. Es ist aber kein normaler Buchladen.
Hier dreht sich alles ums Papier. Keine Romane oder Bestseller, nein um jede Art von Papier. Hier kann man sich auf jeder Art von Papier von einem Fachmann einen kalligraphischen Text anfertigen lassen. Es gibt schönes Briefpapier, Karten, Kalender und so weiter. Das nebenstehende Bild gibt einen Eindruck davon.

Auf dem Bild ist am Ende des Saals auch eine Treppe zu sehen. Diese führt zur Papierfabrik, die ebenfalls frei zu besichtigen ist.
Hier kann man sehen wie im achtzehnten Jahrhundert Papier gemacht wurde. Aus Lumpen wird dabei wunderschönes Papier.

Geschäftsraum der Papierfabrik


Der wichtigste Teil der Fabrikation ist die Wassermühle. Aber zuerst sah ich zu, wie Männer mit den Händen arbeiteten.
Sogar Blumen wurden ins raue Papier gemischt. Dieses wird dann aber ziemlich dick.

Aber ich, die ich kein Ahnung von all dem hatte, interessierte mich mehr für die Kraft, welche die Wassermühle erzeugt.
Um das genauer zu sehen, ging ich zum Hammersaal.
Die Mühle hat eine Achse, woran mehrere Hammer hängen.
Ein einzelner dieser Hammer wiegt allein 75 kg.
Bei jeder Drehung schlagen die Hammer in ein Becken aus Granit, worin sich Wasser und etwa 15 kg Lumpen befinden.
In jedes Becken schlagen jeweils drei dieser Hammer.
Nach 24 bis 36 Stunden pausenloser solcher Schläge ist die Masse zu einem Brei geworden woraus Papier gemacht werden kann. Es ist interessant, diesem Vorgang zuzusehen.
Doch es war Lunchzeit.
 

Papierfabrik, wo noch Handarbeit betrieben wird

Die Hämmer

Die Hämmer schlägen aus Lumpen Papier

Ob wir wollten oder nicht, wir wurden hinaus geschickt. Wie die Zeit doch vergangen war.

Auch wir hatten Hunger bekommen und genossen das Essen auf der Dachterrasse der Galerie Vallis Clausa.

Von hier aus sind es für normale Fussgänger nur knappe 10 Gehminuten zum mysteriösen Brunnen, der eigentlich Mittelpunkt des Geschehens ist.
Der weniger geübte Spaziergänger sollte eine halbe Stunden einplanen, um den langsam ansteigenden Weg zu bewältigen. Unterwegs gibt es aber genügend Bänke und Mauern um sich darauf auszuruhen und wieder zu Atem zu kommen.
Die Wanderung geht der heftig strömenden Sorgue entlang, die ein Stückchen Himmel auf Erde zu sein scheint, wie man unterwegs in vielen Sprachen hören konnte. Auch das Schloss aus dem zehnten Jahrhundert bleibt immer in Sicht. Einst hatte es einem Bischof gehört, doch heute ist es nur noch eine Ruine.
Auf einem Fusspfad ist es zu erreichen.

Der heftig strömende Sorque

Schlossruine von Philp Cabassole

Aber man muss wohl ein guter Spaziergänger sein.
Wir stiegen nicht hinauf sondern folgten weiter dem Weg zum merkwürdigen Brunnen
.
Das letzte Wegstück geht ziemlich steil aufwärts und unvermittelt steht man vor einem rätselhaften Wunder der Natur.

Noch 20 Meter vorher konnte man den Fluss mit Gewalt strömen sehen, aber hier befindet sich bloss eine kleine Grotte mit still stehendem Wasser.
Wie kann dieses Wasser eine so gewaltige Strömung verursachen? Es scheint unglaubwürdig, aber hier soll der Ursprung des reissenden Flusses sein. Als wir da standen, hatte es wirklich nur wenig Wasser.

Vergleichen wir das Foto hier nebenan mit dem Bild ganz oben, dann sehen wir einen weissen Streifen.
Das Foto oben zeigt, dass das Wasser beinahe den Streifen erreicht. Also muss dort viel Wasser hinein geströmt sein. Aber woher kam es?

Das ist eben das Mysteriöse, womit sich die Gelehrten sich schon seit Jahren befassen. Dieser Brunnen ist der Ursprung des Flusses Sorgue, jener Fluss, der solch eine Gewalt hat, dass viele Wassermühle darin angetrieben wurden. Es wird vermutet, dass der Vaucluse sein Wasser unterirdisch hierhin fliessen lässt.

Die Ursprung des Mysterium

Wie tief ist denn die Grotte?
Seit 1878 sind 16 Versuche unternommen worden, diese Frage zu beantworten.
1878 tauchte Ottonelli 23 Meter tief.
1955 tauchte der bekannte Cousteau auf 74 Meter Tiefe.
1985 liess man ein unbemanntes Tauchgerät hinunter, das sogar bis 308 Meter sinken konnte bis es auf sandigem Boden aufsetzte. Aber noch immer konnte man nicht feststellen, woher das Wasser kommt.

Aber jetzt kommt es: Der Brunnen liefert unerklärlicherweise 8 bis 150 Kubikmeter Wasser pro Sekunde! Und mit dem Wetter hat es nichts zu tun.

Leicht ermüdet kehrten wir zurück und sahen Neues, das wir auf dem Hinweg übersehen hatten, wie ein hübsches Modegeschäft, einen Parcours für Kajakfahrer und verschiedene weitere Imbissstände.

Eine Gruppe junger Leute, die sich wahrscheinlich auf einem Schulausflug befand, nahm eine Lektion im Kajakfahren.
Alle hatten Spass, bis einer umkippte.
Doch die Angst verging schnell, als der Kajak wieder in seiner normalen Position stand. Vom Ufer aus sahen viele Schaulustige zu, was die Schüler dazu veranlasste, sich besonders viel Mühe zu geben.

Auf einer Terrasse tranken wir noch einmal etwas um nicht auszutrocknen und suchten anschliessend das Auto.

Der Sorgue

Wenn man Zeit hat, sollte man wirklich einen vollen Tag an diesem Ort verbringen.

Dies ist eine Empfehlung meinerseits. Doch wer bin ich bloss?????????

Fontaine de Vaucluse - 36 km von Avignon 

  Charles Sr

029.2007